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Auf der Suche nach der Adler

Markus Thoma aus Gefrees fand am 20. April 2021 ein bisschen Zeit und wir trafen uns mit ihm online auf ein Interview.
Vorab: der Adler ist kein Tippfehler. Aber dazu später mehr 🙂

Hallo Markus, schön dass du Zeit gefunden hast.
Gleich die erste Frage: Bist du Ur-Gefreeser?

Das Hallo gebe ich gerne zurück.
Nein, ich bin ein „Migrant“ aus dem Nachbarort Weißenstadt, aber diese Woche sind es genau 20 Jahre, seit dem ich in Gefrees wohne.

Da könnte man ja mal bei der Stadt fragen, ob du da eine Ehrung bekommst?
Ja, das wäre schon eine witzige Sache. Ein Bürgerrecht oder so ähnlich. (*grinst)

Bild Markus Thoma, Gefrees

Das heißt, Gefrees ist deine Heimat geworden?
Auf jeden Fall. Lass mich da was ausholen. Der Franke an sich ist ja – wie sagt man – sehr zurückhaltend. Manchmal auch ein wenig mürrisch. (*grinst schon wieder)
Und hier in Gefrees ist das genau anders.

Was meinst du mit anders?
Als ich hier hergezogen bin, musste ich erst mal renovieren. Die Arbeit musste ich öfters unterbrechen, weil ständig jemand geklopft hat gefragt hat, wer wir sind, wo wir herkommen. Also alles sehr untypisch für Franken, vor allem für Fichtelgebirgler. Dazu wurden wir gefragt, ob man uns helfen kann und wie wir zurecht kommen.

Was hast du für dich daraus an Erfahrung mitgenommen?
Eigentlich ganz einfach. Wer hier in Gefrees nicht zurecht kommt, sollte einfach an sich selber arbeiten. Und ich kann das so sagen, weil ich aus dem Fichtelgebirgskern komme und das ausserhalb Gefrees kenne. Daher dieses Heimatgefühl, weil ich hier offen empfangen wurde.

Lass mich aber auch fragen, was dir nicht so an Gefrees gefällt?
Wie gesagt, dass offene und herzliche ist ganz besonders, aber machmal ist alles doch etwas …. langatmiger.

Magst du das genauer erklären?
Na ja, ich habe das Gefühl, dass man sehr viel als gegeben hinnimmt. Es ist so, das war so und das bleibt so. Das mag ja oft eine Tugend sein, aber bei Entscheidungsfragen ist es doch manchmal was schwierig. Mir ist es gleich aufgefallen, dass viel monate- oder jahrelang über ein und das selbe diskutieren. Klingt lustig, ist aber so.

Dann frag ich doch gleich hinter. Ich weiß, dass du beim Historischen Forum Gefrees den Vorstand hast. Entscheidest du da schneller?
Auf jeden Fall. Wir besprechen uns im Team, stimmen uns ab und gut is. Also ich entscheide da nicht alleine.

Ich merke dir an, dass das wohl dein Thema ist. Was machst du da genau?
Seit 2 ½ Jahren bin ich dort im Vorstand und manage praktisch diesen gemeinnützigen Verein. Dazu kümmer ich mich um die Organisation, erstelle zu großen Teilen die Bücher und Hefte, kümmer mich zusammen mit meinen Kollegen um die Mitglieder, die Webseite und die sozialen Medien. Dazu betreue ich auch die erste Ausstellung. Und am Schluss darf ich Bier holen.

Bild Markus Thoma, Gefrees

Du scheinst darin sehr aufzugehen. Ist der Verein dein Ausgleich zum Alltag?
Ich war immer schon sehr heimatverbunden und mich interessierte schon immer vor allem die Geschichte von Gefrees. Und da gibt es halt eine Menge zu berichten. Daher mag ich diese Geschichte den Gefreesern und andern gern näher bringen und auch so den Mehrwert der Stadt zu generieren. Meinen Ausgleich hole ich mir aber beim nähen.

Wobei bitte????
Ich nähe und repariere.

Magst du das mal ein bisschen genauer erklären?
Beruflich bin ich ja CNC-Maschinen Programmierer (Für die, die es nicht wissen » CNC-Programmierer Anm. d. Red.), was einen ja gerade durch die Komplexität kopfmäßig sehr beansprucht. Und da ich Metaller bin, habe ich eine Zeit lang Ritterrüstungen geschmiedet. So kam ich dazu, alte Nähmaschinen zu sammeln, zu restaurieren und … näh damit.
(Anm. d. Red.: Damit meint er die ADLER Nähmaschine!)

Bild Adler Nähmaschine
Bild Rucksack Markus Thoma

Wahnsinn. Echt?
Ja, ich besorge z. B. 100 Jahre altes Material. Diese müssen dann zigmal gewaschen werden, weil es modrig ist oder stinkt, und dann nähe ich mit den restaurierten Nähmaschinen Rucksäcke. Es ist halt toll, wenn man so ein kaputtes Ding in die Finger bekommt und nach dem komplexen Denken im Job was mit den Händen machen kann. Was wiederum einen sehr stolz macht, wenn die Adler wieder läuft.

Wie kommt man denn dann zum nähen?
Ich war mal in einer Mittelaltertruppe. Dort habe ich neben dem Ritterrüstung bauen die Kleidung genäht und bin dann beim Nähen hängengeblieben. Damals habe ich schon sehr viel recherchiert, weil die Kleidung ja auch historisch belegbar sein sollte. Und so kam halt alles zusammen, was ich heute sehr gerne mache.

Markus, du hast mich jetzt fast sprachlos gemacht. Daher nur noch die für jeden gleiche Aufforderung.
Sag was!
Sehr gerne, denn mir liegt das was am Herzen. Es gibt zwei Sprüche hier in Gefrees, die den Ort hier für mich 100% widerspiegeln. Einmal „Gefrees, da muss man durch“ und „Gefrees, die Stadt der verpassten Chancen“. Für den ersten Spruch bin ich praktisch verantwortlich, dass er in Gefrees gelandet ist. Zum zweiten kann ich sagen, wenn man sich ein bisschen mit der Geschichte von Gefrees befasst, befindet sich dieser Ort wohl seit 100 Jahren im Dämmerschlaf. Kaum Mut. Kaum Innovation. Keine Weitsicht. Und das zieht sich halt durch die ganzen letzten 100 Jahre.
Auf deine letzte Frage hin möchte ich sagen, dass es wirklich toll wäre, wenn die Gefreeser aus diesem Dämmerschlaf aufwachen würden. Wobei ich denke, dass personell jetzt hier in Gefrees ein Weckruf stattgefunden hat und alles auf einem guten Weg ist.

Ganz herzlichen Dank für deine offenen Worte. Zum Thema Ausstellung und vielen anderen Dingen sind wir jetzt leider nicht mehr bekommen.
Da machen wir dann einfach noch eine separate Geschichte.
Alles Gute und bleib gesund.

Passt soweit 🙂

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