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Nedd bloß g’waafd – Oliver Dietel im Gespräch

Am 25. Oktober 2021 trafen sich Oliver Dietel, 1. Bürgermeister von Gefrees und wir-in-gefrees.de zu einen Gespräch.

Hallo Oliver, vielen Dank, dass du* dir Zeit genommen hast.
*Das „Du“ haben wir in einem Vorgespräch vereinbart 🙂

Die erste Frage, die wir jedem stellen ist: was bedeutet Gefrees bzw. Heimat für dich?
Gefrees mit seinen vielen Ortsteilen und seiner wunderbaren Kulturlandschaft ist mein Lebensmittelpunkt. Ich möchte auch nirgends anders sein. So schön es manchmal im Urlaub an anderen Ort auch ist, noch schöner ist es, immer wieder nach Hause zu kommen.
Heimat ist da, wo man voller Zufriedenheit innehalten kann, wo man gerne heim kommt und das Leben mit der Familie genießt. Und gerade meine Familie ist, auch in Bezug auf meine Arbeit, ein sehr großer Halt.

Also steht für dich die Familie im Vordergrund. Was natürlich die Frage aufwirft, wie man die Familie mit deinem Betätigungsfeld bzw. deinen Ehrenämtern zusammenbringt?

Natürlich bin ich viel unterwegs, aber meine Frau und meine Kinder wissen das und haben dafür sehr viel Verständnis. Vor allem sind wir da sehr flexibel bzw. beherrschen das Improvisieren bestens. Und wenn es die Zeit erlaubt, genießen wir Wanderungen und am liebsten gutes fränkisches Essen. Wobei meine Frau besser kocht als ich. Der große Vorteil bei all diesem Beisammensein ist, dass wir reden können. Im fränkischen sagt man: miteinander ‘waafm’. Was für uns sehr wichtig ist und zum Genießen in der Familie auch dazugehört. Einfach beim Spazierengehen, bei Freunden, einfach mal seine Freude daran haben.

Und wie organisiert ihr euch da?

Wie bei fast allen Familien auch. Der Tag beginnt recht früh, dann geht’s für die Kinder in die Schule und ich starte so zwischen 6:00 Uhr und 7:00 Uhr im Rathaus. Für Organistationsmeetings bleibt da keine Zeit 🙂
Wenn meine Frau arbeiten geht, dann bin ich dafür verantwortlich, dass die Kids rechtzeitig fertig werden.
Pablo Picasso sagte mal etwas, was wir wohl alle kennen: „Hinter jedem großen Mann stand immer eine liebende Frau, und es ist viel Wahrheit in dem Ausspruch, daß ein Mann nicht größer sein kann, als die Frau, die er liebt, ihn sein läßt.“
So ist es bei uns auch daheim und ich bin heilfroh so eine Familie zu haben, die einem oft den Rücken frei hält.

Was sind deine persönlichen Ziele?

Ich will meine Arbeit gut machen und da habe ich noch viel vor. Für mich ist das als Bürgermeister ja auch ein Versprechen. Und das versuche ich natürlich so gut wie möglich zu machen. Wie das dann in ein paar Jahren aussieht, darüber kann man dann sehr gerne und auch kritisch diskutieren. Manchmal ist es auch so, dass nur 6 Jahre nicht für die ganze Arbeit ausreichen, um Dinge zu verändern, zu forcieren und gut zu machen. Daher ist es auch für mich ein persönliches Ziel, mich wieder aufstellen zu lassen.

Welche Menschen haben dein Leben und deinen Werdegang beeinflusst?
Gibt es hier einen Menschen, den du bewunderst oder sogar mal sprechen möchtest?

Ich habe keine Vorbilder, wenn du das meinst. Könnte ich aber die Zeit zurückdrehen, dann wäre ich gerne beim Endspiel der Fußballweltmeisterschaft 1954 in Bern dabei gewesen.

Infobox – Anm.d.Red.

Hier gibt es ein sehr schönes Video zum  “Wunder von Bern“.
Alles über den Herbert Zimmermann.

Warum genau dies?

Es gab damals so Hörspiel-Kassetten mit der Endspiel Reportage von Herbert Zimmermann, der genau geschildert hat, was hier im Land passierte. Mich beeindruckt, unter welch schwierigen Umständen die Mannschaft damals Großes erreicht hat. Bei einem zu dieser Zeit übermächtigen Gegner. Dann dazu, dass die Mannschaft es geschafft hat, durch ihre Leistung ein ganzes Land zu motivieren. Das war oder ist noch immer für mich eine Sensation, die ja weit über den Fußball hinausgegangen ist.

Das klingt wie eine Analogie mit Gefrees im Kleinen?

Vielleicht. Wir haben hier noch so einiges aufzuholen. Daher denke ich – und ziehe meine Motivation auch durch dieses Gefühl von dem „Wunder von Bern“ – man muss es nur wollen. Und diese eigene Motivation möchte ich mit dieser Demut von damals auch ein Stück weit in diese Stadt transportieren.

Was war deine größte Herausforderung?

Da gibt es viele, aber keine die ich als herausragend ansehen würde.
Ich war im letzten Jahr vor der Podiumsdiskussion aller Bürgermeisterkandidatinnen und Kandidaten in unserer Stadthalle sehr nervös. Keinem waren die Fragen der Moderatoren vorher bekannt, so dass ich mich eigentlich auf „alles“ vorbereiten musste, zumindest habe ich das versucht. Heute ist es etwas entspannter, was auch mit der Art der Veranstaltungen zusammenhängt. Was sich mit der Zeit als einen der schönsten „Auftritte“ herausgestellt hast ist, wenn ich zwei Menschen mit dem Privileg eines Bürgermeistern trauen darf. Wo kann man schon mal so viele glückliche Menschen sehen?

Gibt es in deinem privaten oder beruflichen Werdegang eine besondere Geschichte, die dich geprägt hat?

Da fällt mir keine besondere Geschichte ein. Ich glaube aber, dass es sehr viele kleine Geschichten sind, die mich prägen und zwar jeden Tag. Und diese – auch täglichen – Geschichten versuche ich zu kanalisieren und mir dort die Dinge herauszuholen, die mich positiv beeinflussen könnten. So hat mich z. B. Elvis Presley genauso beeinflusst wie Mozart. Beide haben mich auf ihre Art beeinflusst und diese Denkweise möchte ich mir auch immer offen halten. Es sind so viele Dinge zu interessant, als das man sich immer nur auf eines konzentriert.
Auch deshalb versuche ich auch immer, mir für meinen Gegenüber viel Zeit zu nehmen und vor allem zuzuhören. Um auch aus diesen Gesprächen und Gedanken zu lernen

Eine sehr intelligente Einstellung und Sichtweise.
Gibt es da im Nachhinein Dinge, die du gerne, wenn du könntest, ändern würdest?

Nein. Ich finde es gut, so wie es ist.
Im Nachhinein kann man Dinge nicht mehr ändern, weil sie eben schon passiert sind. Da hilft jammern nicht weiter. Das Beste draus machen, Fehler auch mal zugeben und dann neue Perspektiven schaffen.

Dein Beruf bringt es mit sich, dass wir auch ein paar Fragen an den Bürgermeister Oliver Dietel stellen.

Was ist bzw. war die Motivation, Bürgermeister zu werden?

Ich war 18 Jahre Stadtrat und hatte immer das Gefühl, da ginge noch mehr. Als meine Familie sagte, ich solle das tun, begann das Abenteuer. Ein entscheidender Punkt war sicher auch der Zuspruch vieler Freunde und Bekannter, aber auch von Menschen, mit denen ich bis dato noch nicht so viel zu tun hatte.

Stichpunkt Bürgermeister, die tägliche Arbeitszeit. Was machst du in dieser Zeit?

Es gibt keine festgelegte Arbeitszeit und wenn man eine Arbeit gerne tut, ist es egal, wie lange man unterwegs ist.
Ein Bürgermeister leitet die Stadtratssitzungen und auch alle weiteren Gremiumszusammenkünfte und vollzieht deren Beschlüsse, er ist Chef der Verwaltung, er initiiert Projekte und schiebt diese an, manchmal ist er Schnittstelle zu Landratsamt und Regierung, er präsentiert unsere Kommune, Anfragen von Firmen und Grundstücksangelegenheiten werden grundsätzlich bei uns in Gefrees vom Bürgermeister bearbeitet, ebenso wie Notarangelegenheiten.
Ich bin bei vielen Besprechungen mit Architekten und bei Baustellenterminen dabei, schließlich haben wir derzeit viele Großbaustellen, so weiß ich was passiert oder auch woran es manchmal hakt. Ein Bürgermeister besucht viele Veranstaltungen und Versammlungen von Vereinen und darf auch bei Jubiläen gratulieren. Ich habe darüber hinaus das Privileg Trauungen halten zu dürfen und bin natürlich Ansprechpartner in vielen Angelegenheiten.
Eines ist aber auch klar: Ohne gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ob im Rathaus, Bauhof, Bücherei, in der Stadthalle oder an den Schulen kann ein Bürgermeister nichts umsetzen. Ich habe sehr viel Glück, weil unsere Stadt Gefrees sehr gute Beschäftigte hat.
Auch der Stadtrat oder vielmehr das Arbeiten des Stadtrates sind entscheidend für eine erfolgreiche Kommune, die ich versuche zu moderieren.
Bürgermeister von Gefrees zu sein ist Beruf und Hobby zugleich. Wer in diesem Amt streng auf einer Privatsphäre beharrt, ist fehl am Platz.

Ändert sich durch das Amt die eigene Persönlichkeit? Und wenn ja, wie?

Dazu ein klares Nein, ich bin immer noch derselbe Mensch wie vorher. Es ist ja auch alles so eingetreten, wie ich mir das Amt des Bürgermeisters vorgestellt habe. Mit all seine positiven, manchmal auch negativen Facetten. Neu hinzugekommen ist die Erkenntnis, dass all die Herausforderungen weit mehr sind, als ich damals angenommen habe. Jetzt wird mir ein viel tieferer Einblick gewährt, wo eine Menge Arbeit wartet.

Ganz herzlichen Dank für dieses sehr entspannte und vor allem interessante Gespräch.

Zum Abschluss jeden Interviews auch an dich die Aufforderung:
Sag was.

Ich wünsche mir, im nächsten Jahr endlich wieder ein Wiesenfest feiern zu dürfen!
Es ist einfach so, dass die Gefreeser Wiesen weit über die Stadt hinaus bekannt ist und viele Menschen extra deswegen „nach Hause“ kommen, um mit Gefrees zusammen zu feiern. Gerade zur 5. Jahreszeit gibt es dieses Gemeinschaftsgefühl bei den Menschen. Und das fehlt uns … allen!
Und daher freue mich mich auf nächstes Jahr, wenn unser Wiesenfest hoffentlich wieder stattfinden darf.

Dem ist nichts mehr hinzufügen.
Oliver, ganz herzlichen Dank.

Infobox – Anm.d.Red.

Hier ein paar kleine Impressionen für “Nicht-Gefreeser” über das Wiesen Fest.
Die Magie des Gefreeser Wiesenfestes
Gefreeser Wiesenfest auf Facebook

Fotos v.o.n.u.: Ilse Ruckdäschel, Oliver Dietel, Lena Buckreus

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